Burgschule Neuenrade

Der Dortmunder Bauinspektor Uhlig lieferte die Entwürfe nicht nur für das 1913/14 errichtete Amts- bzw. Rathaus sondern auch für die 1911 erbaute Burgschule. Mit diesem für damalige Verhältnisse großzügigem Neubau wurde eine im Grunde Jahrhunderte andauernde Misere des Neuenrader Schulwesens beendet. So war um 1655 das Haus Nr. 41 (heute Geschäftshaus Blanke, Erste Straße 21) das „Schulhaus“. Eigentlich wohnte dort nur der Lehrer, während der Unterricht gegenüber in einem Raum des alten Rathauses (heute Gertrudenapotheke) stattfand.

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Bis 1800 gab es praktisch nur einen Schulraum (danach wurde als zweiter Schulraum das Sitzungszimmer des Magistrats hinzugenommen) und auch nur einen Lehrer, der zumeist noch Organist, Kirchenprediger und zuweilen Stadtsekretär war. 1768 wurden 65 Schulkinder gezählt, obwohl es viel mehr von ihnen gab. Doch bis ins 19. Jh. besuchten die Kinder nur sporadisch die Schule, weil sie in der elterlichen Landwirtschaft helfen mussten. Um 1820 betrug die Schülerzahl 200 bei bis dahin einem Lehrer, der übrigens sein Gehalt selbst einziehen musste, und zwar überwiegend von den zur Schulgeldzahlung verpflichteten Kindern. Ab 1820 übernahm dies die Stadt, die auch einen zweiten Lehrer einstellte. 1830 wurde dann auf dem nicht mehr als Friedhof benutzten Kirchhof unmittelbar südwestlich der Kirche ein Schulneubau eingeweiht.

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Dieses Gebäude kostete 560 Reichstaler und es nahm die Erste Klasse mit ca. 90 Schülern auf, während ca. 100 Schüler (5 bis 8 Jahre) mit der Zweiten Klasse im alten Rathaus verblieb. Der Bau wurde nach Errichtung der Burgschule als Kindergarten genutzt und 1986 abgerissen.

Mit der Zunahme des katholischen Bevölkerungsanteils Mitte des 19. Jahrhunderts wurde 1862 in einem Nebengebäude des Hauses Ecke Blumenstraße/Bahnhofstraße eine eigene katholische Schule eröffnet. Lehrer war der Vikar. 1874 zog man ins neue Pastorats- und Schulgebäude Bahnhofstraße 9 um.  

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Gab es 1864 nur 24 katholische Schüler, so stieg die Zahl auf 40 im Jahre 1872 und auf 125 im Jahre 1909, die in drei Klassen von zwei Lehrern unterrichtet wurden. Aufgrund dieses Anstiegs der Schülerzahlen entstand 1902/03 ein neues Domizil „Im Schlingbaum“ – heute Am Semberg 7. Die Schüler hatten aber 1939 aufgrund der Aufhebung der Konfessionsschulen durch das nationalsozialistische System in die Burgschule umzuziehen. Nach dem Umzug wurde das Gebäude vorübergehend als Kindergarten genutzt. 1869 erfolgte ein Anbau des alten Rathauses an der Ersten Straße nach vorne, um im hinteren Bereich Platz für eine dritte und später vierte evangelische Schulklasse zu schaffen. Da in dieser Zeit auch die Gründung einer höheren Bürgerschule (Selekta) geplant war, stellten sich wieder die alten Raumprobleme ein. Nachdem für die Selekta zunächst ein Privathaus in der Dritten Straße genutzt wurde, mietete man sich nach dem Tod von Amtmann Weiß 1890 in dessen ehemaliger Amtsstube Hinter der Stadt 4 ein.

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Eine gleichzeitige Initiative der Stadt zur Einrichtung einer „Präparandenanstalt“ (Hochschule) blieb aber auf Dauer erfolglos. Neben der Selekta wurde 1911 eine gewerbliche Fortbildungsschule in Neuenrade aus der Taufe gehoben, die bis zur Gründung der Kreisberufsschule 1929 bestand. Weiter gab es ab 1912 eine evangelische Kleinkinderschule – dem heutigen Kindergarten vergleichbar.

Bereits 1909 war die evangelische Schule 6klassig geworden, besaß aber für 289 Schüler nur drei eigene Räume, während weitere zwei Zimmer von ihr und eins von der katholischen Schule gemietet wurden. Nachdem vorherige Versuche gescheitert waren, beschloss deshalb die Gemeindevertretung am 14.07.1911 den Neubau eines 8klassigen Schulgebäudes auf der städtischen Wiese „Alte Burg“. Zusätzlich wurde eine westlich angrenzende Wiese des Fabrikanten Sternberg aus Soest für 9.000 Mark erworben.

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Eine Aufstellung vom 25.05.1912 ermittelte folgende weiteren Kosten: Gebäude = 60.540 Mark (4.160 m³ x 14,55 Mark), Freilegung = 4.060 Mark, Einrichtung = 5.000 Mark. Überwiegend sollte das Ganze wie folgt finanziert werden: Hand- und Spanndienste = 4.000 Mark, Darlehen = 50.600 Mark, Staatshilfe = 10.000 Mark. Letztere wurde in der Urkunde zur Grundsteinlegung als Gnadengeschenk der Regierung bezeichnet. Der Grundstein zur evangelischen Volksschule, zur damit verbundenen paritätischen höheren Stadtschule (Selekta) und zur öffentlichen Fortbildungsschule (für schulentlassene Knaben bis zum 18. Lebensjahr) wurde am 14.07.2011 gelegt. Der Rohbau stand im Januar 1912 und die Einweihung erfolgte am 23.10.1912.

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Im Keller des Gebäudes wurde eine Badeeinrichtung – auch für die Bevölkerung – geschaffen. Dazu wurden gesonderte „Badeordnungen für die Benutzung des Schulbades in Neuenrade durch Erwachsene“ erlassen.

Auch bedingt durch den Umzug der katholischen Schüler vom „Schlingbaum“ zum Wall und wegen der Flüchtlingsströme nach dem 2. Weltkrieg stellte sich wieder einmal Platzmangel ein, der vorerst 1953 durch Anbauten nach Westen (2 neue Klassenräume) und nach Süden (4 Klassenräume) behoben wurde. Beide Gebäudetrakte verband eine Pausenhalle.

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In den 60er-Jahren wurde eine neue Schulstruktur mit Haupt-, Grund- und Hilfsschule aufgebaut und das Zeitalter der Konfessionsschulen endete 1968. Im Mai 1968 zählte die Stadt 6.750 Einwohner und die Burgschule 700 Kinder – 385 in der ev. und  315 in der kath. Schule. Am 04.06.1968 wurde folgerichtig die Grundsteinlegung für eine einzügige Gemeinschaftsschule mit Schulturnhalle und Lehrschwimmbecken auf der Niederheide vorgenommen, die als Hauptschule die einzügigen Klassen 5 bis 9 und zusätzlich vier Grundschulklassen aufnahm.

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Im Folgejahr 1969 wurde Küntrop in die Stadt Neuenrade eingemeindet und damit wurden auch die Küntroper Schüler übernommen, während das Küntroper Schulgebäude anschließend als Kindergarten fungierte. Die Burgschule erfuhr 1975 wieder eine Erweiterung. Der 1953 errichtete Südtrakt erhielt eine Aufstockung, die 4 Klassenräume umfasste.

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1991 erfolgte dann die vorerst letzte größere bauliche Maßnahme. Die Flure des Südtraktes nutzend entstanden nördlich angrenzend auf zwei Etagen 6 Klassenräume.

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Im Zeichen der aktuellen demographischen Entwicklung geht es mit den Schülerzahlen bergab. 2008 besuchten nur noch 440 Schüler die Burgschule, während die Hauptschule 218 zählte. So ist davon auszugehen, dass die Burgschule auf dem Wall 2011 bzw. 2012 ihr 100jähriges Jubiläum ohne Baustelleneinrichtungen feiern kann.